Bekannt wurde die Region Abruzzen in Mittelitalien 2016/17, als dort die Erde wackelte. Die Verwüstungen sind heute noch deutlich sichtbar, Ortschaften noch lange nicht wieder aufgebaut. Doch wer die Gegend aus diesem Grund meidet, dem entgeht ein erstklassiger und vielseitiger Radurlaub.
Einsam wie im Wilden Westen – der bekannteste der vier Nationalparks ist der Gran Sasso und Monti della Laga, der eine größere Fläche beheimatet als die Insel Hawaii aufweisen kann. Mit 2912 Metern ragt der Corno Grande als höchster Gipfel in den azurblauen italienischen Himmel. Zu seinen Füßen erstreckt sich eine karstige Hochebene, der Campo Imperatore, dessen steppenartige Flora im Herbst alles in goldenes Licht taucht. Ein paar Autos verlieren sich in der Endlosigkeit der Straßen, sonst gehört das Land den frei weidenden Rindern und Pferden, die begleitet von Hirten, durch das sparsame Gras streifen. So beeindruckend und friedlich ist dieses Hochtal, dass es des Öfteren als Kulisse für Filme diente. Etwa Bud Spencer und Terrence Hill drehten hier »Vier Fäuste für ein Halleluja«.
Über die Autobahn aus Richtung Rom anreisend wirkt der Gebirgszug des Gran Sasso zunächst ernüchternd. Doch während der abendlichen Auffahrt zum Hochplateau steigt meine Freude über einen Übernachtungsplatz unter einem grandiosen Sternenhimmel. Man hat die Qual der Wahl, denn ein Parkplatz ist schöner als der andere und nirgends verscheucht ein Verbotsschild den autarken Reisenden. Auch für Napoli ist die Gegend ein Paradies. Ungeniert kann er sich umschauen, während ich koche oder am Camper döse.
Radfahren bietet sich hier förmlich an
Die Straßen sind breit, bestens in Schuss und in der Nebensaison wochentags wie ausgestorben. Mit Hund kombiniere ich asphaltierte Straßen mit Schotter- oder Wiesenwegen. Rad- oder Mountainbikerouten sind nicht ausgewiesen, weshalb eine Portion Abenteuer immer mitfährt.
Radfahren mit jeder Menge Dolce Vita
Etwas zögerlich verlasse ich den Campo Imperatore, der mich so in seinen Bann gezogen hat und begebe mich ins Valle Tirino. Die Hügel werden sanfter, größere Flächen landwirtschaftlich genutzt. Einige verträumte Orte liegen des Weges: Castel del Monte, Calascio, Capestrano, Ofena. Wenn auch Baukräne allgegenwärtig sind und an die Schäden der Erdbeben erinnern, lassen sich immer hübsche Gassen und ein Dorfplatz finden, der zum Verweilen einlädt.
Auch der Lago di Campotosto ist so ein Ort für Dolce Vita. Zahlreiche Picknickplätze entlang es Ufers zeugen von großer Attraktivität des Sees im Sommer. Jetzt ist die Gegend menschenleer und auf der unverbauten Uferstraße lässt sich der See aus wirklich allen Perspektiven bestaunen. Über Nacht hat es in der Höhe geschneit und die Bergspitzen blitzen in der Sonne. Wieder ein Platz, an dem man noch ein paar Tage bleiben möchte. Doch es gibt noch so viel zu sehen. Steht das Wetter in den Bergen mal auf Regen und Sturm, könnte ein etwa einstündiger Autotrip ans Meer die Lösung sein. Die Strände sind im Herbst verwaist und frei laufende Hunde kein Problem.
Unseren Urlaub schließe ich mit einem Besuch der Piana Grande ab. Die Hochebene liegt bereits im Grenzgebiet zur Region Marken und ist ein beliebtes Wochenendziel bei einheimischen Wanderern und Mountainbikern. Wir umrunden sie auf Schotter, Wiesentrails und leichten Wanderpfaden in stetigem Auf und Ab. Eine fantastische Rundtour für meinen Hund, doch nicht alle Trails sind geeignet für meinen Anhänger. Ein Italiener auf einem sehr guten Mountainbike schaut mich etwas ungläubig an. Gegen Ende der Tour habe ich dann doch seinen Respekt gewonnen, weil ich meinen Vierbeiner wacker zur Passhöhe hinauf ziehe. »Diese verrückten Deutschen«, wird er sich denken … 🐾
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